Monday, July 15, 2013

"Sie haben kein Recht, als Herrscher zu kommen"

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Bundesfinanzminister Schäuble besucht am Donnerstag Griechenland. Manolis Glezos, ein führender Aktivist, fordert von ihm in einem offenen Brief Reparationszahlungen. Gewerkschaften wollen streiken.  

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Mit einem Besuch in dem Land, in dem er als Verursacher aller Qualen des Landes verteufelt wird, will Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble am Donnerstag in Griechenland die Herzen der Menschen für Deutschland und seine Sparpolitik gewinnen. Es lässt sich nicht gut an.

In einem offenen Brief an Schäuble, veröffentlicht in der Zeitung "Real", schrieb Griechenlands Kriegsheld und Kämpfer wider die Junta der griechischen Obristen, Manolis Glezos, Schäuble habe nicht das Recht, nach Griechenland zu kommen.
"Herr Schäuble, wir würden Sie gerne in Griechenland willkommen heißen, falls Sie als Gast kommen", schrieb er. "Aber Sie kommen als Herrscher. Und Sie haben nicht das Recht dazu. (...) Im vergangenen April zwangen Sie mich dazu, sie als 'unhistorisch' zu bezeichnen, da Sie unsere Forderungen unberechtigt genannt hatten." Mit diesen Forderungen meinte Glezos die Rückzahlung deutscher Kriegsschulden und Rückgabe geplünderter Kulturgüter.

"Wir werden weiter verlangen"

"Wiederholung ist die Mutter des Lernens", fuhr Glezos fort. "Lassen Sie mich also wiederholen, dass wir berechtigt sind und weiter verlangen werden: Die Rückzahlung des erzwungenen Kriegskredits, Entschädigungen für zerstörte Infrastruktur, und die Rückgabe gestohlener archäologischer Schätze."

"Ich werde die Summen nicht wiederholen, weil Sie sie sehr genau kennen", heißt es in dem Brief weiter. Die Summen, die in Griechenland genannt werden, variieren zwischen 54 und 162 Milliarden Euro – ohne die Zinsen seit dem Zweiten Weltkrieg.
Zum Abschluss schreibt Glezos: "Und erneut möchte ich Ihnen sagen: Wir betteln nicht. Wir verlangen. Wir suchen nicht Rache, sondern Gerechtigkeit."
Glezos hatte vor einiger Zeit ausdrücklich an die Leser der "Welt" einen Brief geschrieben, in dem er seine Ansichten zu deutschen "Kriegsschuld" darlegte.

Gewerkschaften kündigen Streiks an

Das mediale Empfangskomitee, dass sich in Griechenland für Schäuble formiert, klang am Sonntag alles in allem etwas weniger fordernd – obwohl mehrere Gewerkschaften Streiks angekündigt haben, um dem Zuchtmeister aus Deutschland zu zeigen, was man von seinen Forderungen hält, massenhaft griechische Beamte zu entlassen.
Nur dann, so will es Berlin, fließen weitere Hilfsgelder. Am Mittwoch will das Parlament über die Maßnahmen entscheiden: 12.500 Beamte würden dann in eine "Transfergesellschaft" versetzt, wo sie nichts täten, aber noch acht Monate lang Gehalt beziehen würden. Danach wären sie arbeitslos, wenn sich für sie kein anderweitiger Job findet.
Das ist natürlich maximal unglückliches Timing für Schäubles Besuch – am Tag nach der Abstimmung. Die kann sogar problematisch werden, denn seit die kleine Linkspartei Dimar die Regierungskoalition verließ, verfügt diese nur noch über drei Stimmen Mehrheit im Parlament. Schäubles Besuch war wohl nicht absichtlich auf diesen kritischen Zeitpunkt gesetzt worden – aber die Stimmung am Donnerstag könnte in Athen recht krisenhaft werden.
Griechenlands Ministerpräsident Antonis Samaras hat die geplanten Einsparungen seiner Regierung im öffentlichen Dienst verteidigt. Die Einschnitte seien notwendig, um die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen und weitere Gelder von der Troika zu erhalten, sagt er der Zeitung "Proto Thema".

"Wer kommt, wer geht, das ist doch egal"

Was die angekündigten Massendemos betrifft, allzu phänomenal dürften sie am Ende vielleicht doch nicht werden. Zwar sind laut Umfragen die Hälfte der Griechen gegen die neuen Sparmaßnahmen. Aber es ist Sommer, viele Athener sind im Urlaub, am Meer. Dort, etwa im Badeort Tolo, interessierte man sich am Wochenende sehr wenig für den Besucher aus Deutschland.
"Wer kommt, wer geht, das ist mir so egal, solche Nachrichten langweilen mich inzwischen", sagt Vagelis, ein 28-jähriger Hochschulabsolvent, der in einer Fabrik arbeitet, weil er keine bessere Arbeit finden kann. "Reden die nicht genug miteinander in ihren Euro-Arbeitsgruppen und Troika-Delegationen?"
Und in Athen sagte Eleni, eine 35-jährige Angestellte: "Mir sind diese Besuche, egal, mich kümmert nur, dass wir wieder Probleme haben werden, zur Arbeit zu kommen, weil wieder alles streiken wird."
Apostolos, ein Rechtsanwalt, und Eva, eine Architektin waren sich darin einig, dass es gut wäre, wenn Schäuble Reformen in Griechenland durchsetzen könnte – dass das aber nicht möglich sei. "Steuereintreibung, die unglaublich komplexen Gesetze, und der chaotische öffentliche Sektor können nicht saniert werden, weil unsere Politiker es gar nicht wollen", sagte Eva.
14/7/13
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1 comment:

  1. Schäubles Besuch in Athen.... Der Deutsche und die Griechen ...

    Athen rüstet sich für den Besuch Wolfgang Schäubles – mit alten Forderungen nach Reparationen. Der Bundesfinanzminister verteidigt das Recht der Kreditgeber, sich um ihr Geld zu sorgen.

    Von Michael Martens
    Noch führt die Bundeskanzlerin, doch ihr Finanzminister holt auf. Als die seriöse Athener Tageszeitung „Kathimerini“ und der zum gleichen Haus gehörende Fernsehsender „Skai“ im April wieder einmal eine Umfrage zur Popularität griechischer und ausländischer Politiker erheben ließen, gaben 87 Prozent der Befragten an, eine negative Meinung von Angela Merkel zu haben. Auf Platz zwei folgte Wolfgang Schäuble, über den sich 82 Prozent ablehnend äußerten – ein neuer Rekordwert für ihn.

    Entsprechend fielen einige Schlagzeilen aus, als im vergangenen Monat öffentlich bekannt wurde, dass nach Angela Merkel nun auch der zweitunbeliebteste nach 1889 geborene deutschsprachige Politiker in Athen erwartet werde. Die Kanzlerin hatte sich Anfang Oktober 2012 in die von mehreren Tausendschaften griechischer Polizei festungsartig gesicherte Hauptstadt der Staatsschuldenkrise begeben, ihr Finanzminister soll an diesem Donnerstag folgen.

    „Der harte Mann von Berlin kommt nach Athen“, titelte das Blatt „Ta Nea“, dessen Redaktion sich besonders auf Schäuble eingeschossen hat. Laut „Ta Nea“ ist Schäuble ein Politiker, der „dem ganzen Planeten eine Lehre in korrekter Haushaltsführung“ erteilen wolle: „Wer aber ist Schäuble? Schäuble ist nicht einmal Wirtschaftswissenschaftler! Er ist einfach nur ein Deutscher, der zur Auffassung gelangte, der ,deutsche Weg‘ sei das Medikament für alle Probleme.“ Berlins Finanzminister, so urteilte das Blatt in der seit gut drei Jahren bis zum Überdruss gepflegten, einstweilen aber weiterhin nichtolympischen Disziplin des Deutschenprügelns, schade mit seiner Politik nicht nur Griechenland und Europa, sondern auch seinem eigenen Land, weil er es geschafft habe, „alle Alpträume zu wecken, die Generationen von Deutschen nach den zwei Weltkriegen geduldig zu verjagen versucht haben. Und deswegen kann es nur eine Lösung geben: Schäuble in die Schranken zu weisen!“
    Athener wollen Schäuble in die Schranken weisen

    Als Schrankenwärter möchte sich vor allem Emmanouil Glezos empfehlen. Der Alte mit den schlohweißen Haaren ist in Griechenland ungefähr so bekannt wie Thomas Gottschalk oder Helmut Schmidt in Deutschland – allerdings schon bedeutend länger als diese, denn das Ereignis, das Glezos in seiner Heimat berühmt machte, ereignete sich bereits in der Nacht vom 30. auf den 31. Mai 1941. Damals erklommen Glezos und sein Landsmann Apostolos Santas heimlich den Hügel der Akropolis zu Athen, um die über der Stadt wehende Hakenkreuzfahne einzuholen. In einigen Versionen der Geschichte hissten sie sogar die griechische Flagge, doch das ist eine Legende......http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/europa/schaeubles-besuch-in-athen-der-deutsche-und-die-griechen-12283054.html
    16/7/13

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