Monday, January 5, 2015

Presseschau zur "Grexit"-Debatte: "Oder sagt man besser Rausschmiss?"

Die Bundesregierung setzt im Umgang mit Griechenland auf eine harte Linie - und befeuert damit die Debatte um ein Ausscheiden Athens aus der Eurozone. Viele Zeitungen loben diesen Kurs. Andere meinen, der Umgang mit den Griechen komme einem "Rausschmiss" gleich.

Für den "Nordkurier" wäre das Ausscheiden Griechenlands ein "Armutszeugnis für alle Rettungspolitiker, eine Bankrotterklärung an ein vereintes Europa. Ein Dominoeffekt wäre die Folge. Denn auch in Frankreich und Italien läuft es alles andere als vorbildlich. All das scheint der Bundeskanzlerin ziemlich egal zu sein. Dabei wären die Auswirkungen des knallharten Schritts der Hellenen für niemanden absehbar, weil es so einen Schritt noch nie gab und ihn kein Konzept vorsieht."

"Die Welt" erinnert daran, dass die anderen Euroländer die Folgen des "Grexits" zu tragen hätten - denn sie sind die mit Abstand größten Gläubiger: "Mehr als 260 Milliarden Euro - 80 Prozent der griechischen Gesamtschuld - tragen vor allem die Länder der Eurozone. Im Falle eines Austritts Griechenlands wäre ein Teil dieses Geldes verloren. Das müsste Merkel dem deutschen Steuerzahler erklären. Tsipras und Co. wissen das. Sie sitzen am längeren Hebel."

Das "Flensburger Tagblatt" sieht das anders: "Natürlich wäre der Ausstieg Griechenlands aus dem Euro keine gute Nachricht. Gläubiger müssten auf ihr Geld verzichten, die neue Währung würde ins Bodenlose stürzen, es gäbe in Griechenland eine galoppierende Inflation. Für den Rest des Euroraums wäre das alles aber besser als die andere Option. Geld ohne Gegenleistung würde auch anderswo Begehrlichkeiten wecken. Auch andere Regierungen würden von ihrem Konsolidierungskurs abrücken. Die Krise wäre schneller zurück als gedacht",

Die "Landshuter Zeitung" kann dem "Grexit" noch etwas anderes abgewinnen: Austritt aus dem Euro würde alle Beteiligten Geld kosten. Aber es wäre nicht zuletzt für die Euro-Gemeinschaft ein Weg, sich den ständigen Anklagen aus Athen, die Reformen ruinierten das Land, zu entziehen."

"Den Druck auf Athen aufrechterhalten"

Die "Frankfurter Allgemeine" meint: "Die Befürworter der griechischen Sanierung, die regierenden Konservativen, können gegen die linkspopulistischen Versprechungen nur bestehen, wenn das Ende des Euro für Griechenland als das größere Übel gilt. Auf die Beschleunigung dieser Debatte zielt offenbar der - offiziell nicht bestätigte - Hinweis aus Berlin, der Rückzug des Euro sei nicht mehr das Schreckgespenst wie noch zu Beginn der Krise vor fünf Jahren."

Die "Rheinische Post" unterstützt den Kurs der Bundesregierung: "Berlins Wink in Richtung Athen ist die richtige politische Strategie. Der Druck auf Griechenlands Regierung - gleich welcher Couleur - muss aufrechterhalten werden. Nur so bleibt das Land auf Kurs. Davon profitieren langfristig alle – Athen, Europa und der Euro."

Ähnlich schätzt die "Stuttgarter Zeitung" die Lage ein: "Es ist zwar ein Spiel mit dem Feuer, wenn die Bundesregierung erstmals über den Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone spekuliert. Andererseits: Wann, wenn nicht jetzt? Den Griechen muss vor der Wahl klar sein, nicht erst danach, dass Alexis Tsipras Milch und Honig versprechen mag, die Konsequenz seiner Politik aber Wasser und Brot wäre. Die Mahnung Berlins ist als Aufforderung an die Wähler in Griechenland zu verstehen, trotz aller Härten nicht die Nerven zu verlieren und Konsequenzen zu bedenken. Sie müssen wissen, dass auch hierzulande Parteien wieder gewählt werden wollen. Und die Bereitschaft, Reformunwillen zu subventionieren, tendiert in Deutschland gegen null."

Die "Neue Westfälische" geht dagegen mit der Bundesregierung hart ins Gericht: "Politisch sind sowohl die Indiskretion aus Kanzleramt oder Finanzministerium als auch die Überlegungen selbst ein Offenbarungseid der Europa-Politik dieser Bundesregierung. Die Erben Helmut Kohls sind dabei, eine historische Hinterlassenschaft ihres Ex-Kanzlers zu vernichten: die europäische Einigung als Garantin für Freiheit, Frieden und Wohlstand auf dem einst durch zwei Weltkriege geschundenen alten Kontinent des Misstrauens. Dazu lenkt der Vorstoß das parteipolitische Wasser auf die Mühlen der Europakritiker in allen EU-Ländern, die gerade erst gestärkt aus den EU-Wahlen hervorgegangen sind",

Die "Nordwest-Zeitung" sieht im Berliner Kurs einen "Triumph" für die AfD: "Die aktuelle Diskussion um einen möglichen Austritt - oder sagt man besser Rausschmiss? - Griechenlands zeugt von einem bemerkenswerten Meinungs- und Stimmungswandel in Berlin. Man muss die Bürger schon für ziemlich schlicht halten, wenn der stellvertretende Regierungssprecher dies als Kurshalten der deutschen Politik vertonen will. Es ist weit mehr als das, es ist die komplette Wende und ein Triumph für die AfD, die den Griechen schon lange ein Ausscheiden nahelegt."
Quelle: Deutschlandfunk
 [tagesschau.de]
5/1/15
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4 comments:

  1. „Grexit“ Gabriel: „Wir sind nicht erpressbar“ ..

    Der Wirtschaftsminister fordert die Griechen dazu auf, ihre Sparzusagen zu erfüllen. Andernfalls kann sich Sigmar Gabriel die Eurozone auch ohne Athen vorstellen. Bayerns Finanzminister Markus Söder warnt vor „voreiligen Schritten“, die Grünen nennen die Debatte „unverantwortlich“...................http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/eurokrise/grexit-gabriel-wir-sind-nicht-erpressbar-13353470.html
    5/1/15

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  2. Syriza-DrohungenGriechische Linke in der Euro-Falle ..

    Gewinnt die Linkspartei Syriza die griechische Parlamentswahl, will sie den Reformkurs beenden. Das könnte den Austritt aus dem Euro bedeuten. Ökonomen meinen: Die Konsequenzen wären fatal – vor allem für die Griechen.

    Die anstehende vorgezogene Neuwahl in Griechenland sorgt in der EU für Unruhe. Könnte ein Sieg der in Umfragen führenden Linkspartei Syriza die Euro-Krise wieder neu entfachen? Manche Politiker und Experten sind besorgt. Die aktuelle Meinungsumfrage der griechischen Sonntagszeitung „Eleftheros Typos“ sieht die Syriza mit einem Stimmenanteil von 30,4 Prozent in Führung - 3,1 Prozentpunkte vor den Konservativen von Regierungschef Antonis Samaras. Kommt es also zum Regierungswechsel, ist nicht absehbar, wie es mit dem klammen Mittelmeerland weitergehen soll..................http://www.handelsblatt.com/politik/international/syriza-drohungen-griechische-linke-in-der-euro-falle/11184424.html
    5/1/15

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  3. Was passiert, wenn Griechenland aussteigt? ...

    Eine Katastrophe für die Griechen, ein – hoffentlich – beherrschbares Risiko für die Euroländer. So sehen die Bundesregierung und die meisten Ökonomen die Folgen, sollte Griechenland tatsächlich den Euro verlassen. Dessen elf Millionen Einwohner sind Leid gewöhnt. Doch für sie dürfte sich der tägliche Existenzkampf noch verschärfen, sollte der Euro verschwinden.

    Die Schulden würden sich nicht in Luft auflösen und müssten in Euro zurückgezahlt werden. Die Drachme oder eine nationale Währung mit anderem Namen aber würde massiv abwerten. Damit könnte Athen die Forderungen der Gläubiger auf keinen Fall mehr erfüllen. Der Grexit, der Austritt Griechenlands aus dem Euro, ist gleichbedeutend mit einer Staatspleite.

    Die Regierung könnte ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen. Sie wäre außer Lage, Pensionen und Beamtengehälter zu überweisen. Die verbliebenen Investoren würden dem Land den Rücken kehren. Aufzuhalten wäre der Absturz nur durch massive Hilfe von außen, doch zu mehr als einer Art Notprogramm wie für Dritte-Welt-Länder wäre Europa wohl kaum bereit...................http://www.fr-online.de/politik/euro-griechenland-was-passiert--wenn-griechenland-aussteigt-,1472596,29476964.html
    5/1/15

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  4. Greece euro exit 'would mean EU incompetence' ...

    With less than a month left before elections in Greece, the poll that is expected to largely determine the country's further membership in the euro currency area, experts argue if Greek exit is now a reality.

    Dimitri Mardas, from Aristotle University of Thessaloniki, shared his thoughts on possible exit of Greece from eurozone – or "Grexit" – saying he did not believe the country's exit was a "real case." ..................http://rt.com/op-edge/219883-greece-euro-possible-exit/
    5/1/15

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