Thursday, July 11, 2013

"Unser heutiges Europa ist miserabel". Jene schlimmen Ereignisse seien für junge Menschen heute "so weit entfernt wie der Peloponnesische Krieg"

Angst bei den europabegeisterten Polen: Die Rede von Regierungschef Tusk klingt wie ein Abgesang auf eine gute alte Zeit. Die Überzeugung, man baue in der EU an einer besseren Zukunft, sei heute tot.  

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Auch bei den europabegeisterten Polen hat die Skepsis begonnen, streckenweise sogar die Angst um Europa: Das war die Botschaft einer Rede von Premier Donald Tusk. Tusk nahm am Donnerstag im neuen Kopernikus-Wissenschaftszentrum am Ufer der Weichsel in Warschau an einer Europadebatte teil.

Einer der Mitwirkenden war EU-Kommissionschef Jose Manuel Barroso. Tusk hatte erst kürzlich klargestellt, er werde nicht für ein Brüsseler Amt kandidieren, obwohl große Teile der EVP-Fraktion ihn gerne als Barroso-Nachfolger gesehen hätten.

Die Rede des studierten Historikers Tusk klang wie ein Abgesang auf eine gute alte Zeit, die unwiderruflich zu Ende gegangen ist. Der Imperativ der Einigung des Kontinents, wie er nach dem Krieg und den zwei totalitären Systemen spürbar gewesen sei, sei "geschwächt, manche meinen, er schwindet völlig". Jene schlimmen Ereignisse seien für junge Menschen heute "so weit entfernt wie der Peloponnesische Krieg".
Auch die Epoche ständigen Wachstums und der Glaube, das könne sich noch wiederholen, seien zu Ende. Gerade für junge Menschen habe Europa aufgehört, Quelle der Hoffnung auf eine stabile Existenz zu sein. Hinzu komme der "Kampf der Kulturen" in den Vorstädten europäischer Metropolen. Europa sei heute also in mehrfacher Hinsicht geteilt, was ein "neues Narrativ" notwendig mache.

"Optimistischer Skeptiker"

Der Liberale Tusk beschrieb seine Haltung als "optimistischen Skeptizismus": "Ich glaube nicht, dass schlechtere Welten kommen müssen. Aber ich glaube nicht so recht, dass eine ideale Welt erreichbar ist." Die Überzeugung, man baue in der EU an einer besseren Zukunft, sei heute tot, die Illusionen seien vorbei.
Die großen Erzählungen des 20. Jahrhunderts, ob revolutionär oder evolutionär, hätten "jeglichen Glanz verloren". Den siegreichen Kräften von 1989 – Tusk kommt selbst aus der Oppositionsbewegung gegen die Diktatur - sei es auch nicht um eine neue Utopie gegangen, sondern um die Rückkehr zu bewährten alten Ideen, zur Volksherrschaft.
Die EU sei zwar ein Raum des Friedens und des Kompromisses, wo "Solidarität ein nicht immer praktizierter, aber immerhin deklarierter Grundsatz ist". Die europäische Einigung sei wertvoll. "Aber wir hier in Warschau definieren dafür kein finales Ziel."
"Es gibt solche, die einen großen Sprung machen wollen und mithilfe radikaler politischer Entscheidungen schnell einen einheitlichen europäischen Staat schaffen wollen. Sie haben gute Absichten. Aber vergessen sie, dass der Plan vom großen Sprung den Utopien des 20. Jahrhunderts gefährlich nahe kommt? Er kann dazu führen, dass sich die Europäer endgültig von der Idee des geeinten Europas abwenden."

"Unser heutiges Europa ist miserabel"

Auch die Stimmen, die ein "karolingisches Europa" wollten und die EU "auf einen exklusiven Club reduzieren", seien gefährlich. Wer einen engeren Club gründe, der schließe immer jemand aus. Das war offenbar eine Anspielung auf eine noch engere Integration der Eurozone. Derzeit will die Mehrheit der Polen den Zloty behalten, und die Mehrheitsverhältnisse im Parlament lassen eine Euro-Einführung vor 2019 fast unmöglich erscheinen.
Die Lösung für die heutige Krise sei, "Verantwortung für das Europa zu übernehmen, das wir kennen, nicht für das, von dem wir träumen." Tusk wandelte Churchills Worte über die Demokratie ab: "Unser heutiges Europa ist miserabel. Aber ein besseres hat noch niemand erfunden."
Für den Osten der EU komme das heutige Europa immer noch fast einem Wunder gleich. Tusk warnte zugleich vor denen, die Europa nur als losen Staatenbund wollten. "Das bedeutet den Marsch in den Zerfall" (der Gemeinschaft).
11/7/13

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L'Europe, fabrique de pauvres

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