Thursday, June 20, 2013

Regierungskrise in Athen: Samaras sonnt sich in Selbstherrlichkeit

Der griechische Premierminister Antonis Samaras führt sich im Moment auf, als sei er ein Alleinherrscher. Ohne seine Kollegen aus der Regierungskoalition auch nur zu informieren, hat er den Staatsrundfunk ERT einfach abgeschaltet und alle Angestellten entlassen. Weshalb kann sich Samaras das leisten? 

 
Das politische Spiel in Griechenland läuft momentan für ihn. Am Abend trifft er sich noch einmal mit seinen beiden Koalitionspartnern, um über die Zukunft des Staatsfunks zu verhandeln. Die sozialistische Pasok und die Demokratische Linke hatten in den vergangenen Tagen mit einem Koalitionsbruch gedroht, wenn sich Samaras nicht auf den Kompromiss einließe, den Sender zumindest teilweise wieder in Betrieb zu nehmen.  

Kommt es zu keiner Einigung, steht Griechenland wieder vor Neuwahlen, zum dritten Mal in einem Jahr. Das wäre für das Land eine wirtschaftliche Vollbremsung, nachdem sich zumindest die Tourismusbranche in diesem Jahr gut entwickelt hat.  

Politischer Sieg für Samaras zeichnet sich ab
Es zeichnet sich aber schon ab: Samaras wird im Staatsfunk-Streit einen politischen Sieg davontragen. Der Parteichef der Konservativen hat einen entscheidenden Vorteil. Die letzte Meinungsumfrage in Griechenland ergab, dass er mit seiner Partei an der Spitze liegt, bei aktuell knapp über 20 Prozent.

Das sieht zunächst nach nicht besonders viel aus. Aber das griechische Wahlsystem bevorteilt die stärkste politische Kraft mit einem Bonus an Parlamentssitzen. Eine Alleinregierung der Konservativen rückt daher wieder in greifbare Nähe.
Nicht nur das. Die sozialistische Pasok, bis vor Kurzem selbst allein in der Regierung, ist auf den schlechtesten Wert ihrer Geschichte gefallen, auf nur noch 6 Prozent. Ihr Parteichef Evangelos Venizelos sagt zwar, er würde die Koalition notfalls platzen lassen, aber ernst nehmen das nur wenige.   

Die Sozialisten sind in schwacher Position
Für Venizelos bergen Neuwahlen die Gefahr, voll und ganz in die politische Bedeutungslosigkeit abzurutschen. Ähnlich geht es der Demokratischen Linken, die bei 3,5 Prozent liegt.
Profitieren von Neuwahlen würde dagegen die rechtsextreme Goldene Morgenröte. Sie kommt in den Umfragen aktuell auf deutlich über 10 Prozent, manche Meinungsforscher sehen sie sogar bei 13 Prozent. 
Wegen ihrer klar faschistischen Linie sind die Neonazis im Machtgefüge der griechischen Politik ein grundsätzliches Problem: Keiner will mit ihnen koalieren, sie nehmen aber inzwischen einen großen Teil des Stimmenspektrums ein – ein großer Unsicherheitsfaktor im taktischen Vorgehen auch für den Ministerpräsidenten.
Deshalb wird Samaras es ziemlich sicher nicht auf Neuwahlen ankommen lassen. Er wird einen Kompromiss im Staatsfunk-Streit anstreben, zumal ihn dazu auch die Justiz drängt. Das oberste griechische Verwaltungsgericht hat die Schließung für nichtig erklärt. Der Betrieb muss also zügig wieder aufgenommen werden, mit welchem Modell auch immer.
 http://www.zeit.de
20/6/13

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